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Phobien – Horror total!

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girl with spider

Serg Zastavkin/Fotolia

Ich kann Spinnen nicht ausstehen! Schon wenn ich im Internet über ein Foto der haarigen Viecher stolpere, löst das bei mir einen unwiderstehlichen Fluchtreflex aus. Natürlich weiß ich, dass die Bilder im Netz mir nichts anhaben können – trotzdem packt mich das Grausen. Neulich war es wieder so weit. Auf Spiegel-Online stieß ich auf ein Bild zweier junger Männer, die sich riesige Spinnen gar in den Mund gestopft hatten. Sie grinsten, während die Beine aus ihren Mündern quollen. Unbeschreiblich, meine Abscheu! Schon die Erinnerung, löst Brechreiz aus. Meine Kolleginnen und Kollegen ließ der Anblick völlig kalt, sie amüsierten sich über mein Entsetzen.

Mit meiner Spinnenangst bin ich aber nicht allein: Fast jeder dritte Deutsche soll im Laufe eines Jahres an  einer psychischen Störung erkranken, schreibt das Robert Koch-Institut. Und dazu zählen auch Phobien, von denen ich eine leichte Form erwischt habe. Phobien sind unangemessene Angstreaktion auf einen Gegenstand oder eine Situation. Mäuse finde ich possierlich, Ratten können auch ganz lustig sein, Schlangen finde ich faszinierend – sogar Kakerlaken: hässlich aber erträglich. Aber Spinnen gehen gar nicht.

Alarm aus der Urzeit

Phobien sind ein erstaunliches Phänomen. Sie lassen evolutionäre Alarmmechanismen schrillen, die tief in unseren Genen abgespeichert sind. Das führt dazu, dass auch in Breiten, in denen Spinnen völlig harmlos sind, viele Menschen mit spontaner Abscheu bis hin zu Panik auf die Achtbeiner reagieren. Schon Babys, haben Untersuchungen gezeigt, schenken Spinnen mehr Aufmerksamkeit als anderen bewegten Gegenständen.

Angst vor Löchern

Phobien gibt es zahllose (eine beachtliche Zahl listet Wikipedia). Manchen treiben enge Räume den Schweiß auf die Stirn (Klaustrophobie), oder sie haben umgekehrt Angst vor weiten Plätzen und Menschenansammlungen (Agoraphobie). Auch die verbreitete Angst vor Hunden (Kynophobie) lässt sich gut evolutionsbiologisch begründen – auch wenn ich die so gar nicht nachvollziehen kann. Kürzlich aber erschien eine Untersuchung zu einer Phobie, deren evolutionsbiologischer Sinn sich nicht auf den ersten Blick erschließt: die Angst vor Löchern.

Nicht etwa vor tiefen Gruben im Boden, in die man hineinstürzen könnte, das wäre ja noch nachvollziehbar, sondern vor Lochstrukturen in Gegenstände, wie sie beispielsweise ein Schwamm oder eines Schweizer Käses hat. „Trypophobie“ heißt diese Angstform. Dass sie gar nicht so selten ist, fanden Geoff Cole und Arnold Wilkins von der University of Essex heraus, als sie ihren Freiwilligen 76 Bilder von einer speziellen Trypophobie-Website, sowie 76 neutrale Vergleichsbilder zeigten. Immerhin 16 Prozent ihrer Probanden fühlten starkes Unbehagen beim Betrachten der Bilder – aber warum?

Das Geheimnis der Blauringkraken

Einer der Teilnehmer brachte die Forscher auf die richtig Fährte: Er berichtete, ganz ähnlich auf Bilder des blaugeringelten Kraken zu reagieren – eines der giftigsten Tiere der Welt. Die Forscher analysierten daraufhin die visuellen Merkmale anderer hochgiftiger Tiere wie der Königskobra, dem gelben Mittelmeerskorpion und Giftspinnen. Und fanden tatsächlich, dass diese in puncto Struktur und Kontrast untereinander und mit den Lochbilder übereinstimmten. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie in der Zeitschrift „Psychological Science“.

Ob Loch oder Krake: „Die Ergebnisse zeigen, dass es einen uralten evolutionären Teil im Gehirn gibt, der den Menschen suggeriert, dass sie ein giftiges Tier anschauen“, sagt Coyle. Angesichts meiner persönliche Abneigung gegen Mitglieder der Familie der Arachniden weiß ich jetzt tröstlicher Weise, dass ich nicht völlig spinne.

Unbewusste Abneigung

Bleibt die Frage, warum manche Menschen auf das evolutionäre optische Warnsystem anspringen und andere nicht – beziehungsweise, warum nicht alle Menschen auch alle Phobien entwickeln. Zumindest für die Lochangst haben die Forscher eine Erklärung: “Wir glauben, dass jeder Mensch trypophobische Tendenzen hat, selbst wenn sie ihm nicht bewusst sind“ sagt Cole. Tatsächlich fanden die Wissenschaftler, dass Teilnehmer, die keine Lochphobie hatten, es unangenehmer fanden, die Bilder anzuschauen als andere Bilder.

Ich wage den Selbsttest und kann das bestätigen: Auch mich beschleicht beim Anblick mancher Lochstruktur vages Unbehagen. Wer selbst testen möchte, ob er unter Trypophobie leidet, betrachte einfach die Bilder unter trypophobia.com.

Es gibt übrigens sogar Menschen, die Angst vor Knöpfen an Kleidungsstücken haben – Knopfphobie oder Koumpounophobie heißt das dann. Vielleicht eine Unterform der Trypophobie? Das bleibt offen. Bekanntester Vertreter soll übrigens der inzwischen verstorbene Apple-Gründer Steve Jobs gewesen sein – kein Wunder, dass man ihn ausschließlich im schwarzen Rolli zu sehen bekam.

 

Der Beitrag Phobien – Horror total! erschien zuerst auf Der NetDoktor-Blog.


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